Ein Gradmesser welche Wertschätzung eine Kultur ihren Lebensmitteln entgegenbringt, dürfte wohl der Anteil sein, der vom Essen auf dem Müll landet. Und der ist nicht nur in Deutschland erstaunlich hoch. Das Verbraucherministerium will die Konsumenten seit kurzem per Kampagne und Smartphone-App mit 66 Rezepten zum Restekochen anregen. Die Initiative Foodsharing vermittelt per Internet überflüssige Lebensmittel und möchte so auf Lebensmittelverschwendung hinweisen. „Blumenkohl in gute Hände abzugeben!” Wer einen Ort für diese Vermittlung sucht wird beispielsweise im „Foodsharing Hot Spot” des Kölner Gemeinschaftgartens Neuland fündig. Es gibt mittlerweile auch einige Projekte, die zeigen wie man Reste, Aus- und Überschuss kreativ verwertet, so die Culinary Misfits und die Zquetschten Zwetschkn.

Die Culinary Misfits

In Berlin sind Lea Brumsack und Tanja Krakowski auf Messen, Events und Wochenmärkten mit ihrer Idee „Culinary Misfits” unterwegs. Die beiden Designerinnen kaufen auf Bauernhöfen im Berliner Umland Ausschussware – also quasi kulinarische Außenseiter – und verarbeiten sie zu Konserven und Gerichten. Oder bieten sie als Rohware mit dem ganz gewissen Etwas an. Die Speisekarte schmücken dann „schräge Pastinakensuppe” und „gekrümmter Gugelhupf”.

Was bisher einsam auf dem Acker zurückgeblieben ist, gibt unseren Gerichten die besondere Note. Dabei kommt fast jedes Geschmackstalent zum Zug, denn je nach Saison reagieren wir auf die regional verfügbare Auswahl.

Ende 2012 haben die beiden über eine Crowdfunding-Kampagne 15.000 € für einen Laden in Berlin-Kreuzberg gesammelt, in dem sie in Kürze ihre Produkte und Workshops zur nachhaltigen Küche anbieten wollen.

Zquetschten Zwetschkn

In Linz kochen die Zquetschten Zwetschkn Marmelade und Kompott. Eingekocht wird das was auf dem Markt übrig bleibt, dort aussortiert wurde – oder was die Ernte der Obstbäume im Öffentlichen Raum hergibt. Designerin Daniela Waser, eine der Initiatorinnen der Initiative, war gleich mehrfach über überschüssige Lebensmittel gestolpert.

Nach einer Veranstaltung mit der Volksküche Strauß sind Kisten voller Äpfel übrig geblieben. Einen ganzen Nachmittag lang haben wir Apfelkompott gekocht. Kurz darauf waren wir auf dem Linzer Südbahnhofmarkt unterwegs und haben gesehen, dass viel weggeworfen wird. Da haben wir einfach einmal gefragt, ob wir die Sachen haben dürfen.

Die Zquetschten Zwetschkn auf dem Markt
Die Zquetschten Zwetschkn auf dem Markt

Geschält und eingekocht wird mit vielen freiwilligen Helfern und noch mehr Spaß in einer Restaurantküche außerhalb der Öffnungszeiten. Die Produkte landen anschließend wieder auf dem Wochenmarkt. Hier mieten die „Zquetschten Zwetschkn” bei Bedarf einen Stand. Für die Marmeladen soll jeder so viel zahlen wie er möchte. Die Gruppe will zur Kommunikation einladen und zum Nachdenken über Lebensmittelverschwendung anregen.

Wir wollen den Leuten am Markt zeigen: Kauf doch auch das Gemüse, das nicht so schön aussieht und ganz unten liegt – schau, was wir noch daraus machen.

Zero Waste

Eine ähnliche Idee verfolgt „Zero Waste Jam” in Wien, die Verwertung von Überschüssen als Kompott. Anläßlich der Bio-Messe Fair Fair in Wien kochten die Gründerin Evelina Lundqvist und ihre Geschäftspartner gespendete sechzig Kilo Obst aus einer Biogärtnerei zu Marmelade und Kompott ein. „Zero Waste Jam“ soll als Social-Franchise gegründet werden. Gegen Gebühr kann man das Konzept als Franchise-Nehmer übernehmen. Dabei gehe es aber nicht um Profitmaximierung, sondern um die Lösung von sozialen, ökonomischen und ökologischen Problemen, so die Initiatoren. Gecoacht werden die Jungunternehmer dabei vom Gründer einer alteingesessenen Wiener Marmeladenmanufaktur.

The purpose of Zero Waste Jam beyond yummy jam is to offer our Zero Waste Jam Entrepreneurs a chance to develop themselves as social entrepreneurs, and to fight food illiteracy and excessive consumption. We train our Zero Waste Jam Entrepreneurs to conduct zero waste social entrepreneurial business and lead zero waste lifestyles.

Links
Presseberichte über Culinary Missfits bei jetzt.de, Zeit, National Geographic und vielen anderen
Berichte über die Zquetschten Zwetschkn (eine Iniative im Rahmen des Frühling 2012) bei den Oberösterreichischen Nachrichten und bei Grünschnabel
Zero Waste auf Facebook

Zungenbrecher
Zwanzg zquetschte Zwetschkn und zwanzg zquetschte Zwetschkn san viazg zquetschte Zwetschkn.