„Stadt und Land“ war das Schwerpunktthema der Zeitschrift Ökologie & Landbau letzten Herbst. Für diese Ausgabe hatte Minou Yussefi-Menzler mit den Speiseräumen ein Interview geführt. Das Gespräch bringt das Zusammenspiel von Raumplanung und Ernährungspolitik gut auf den Punkt. Darum jetzt hier (mit freundlicher Genehmigung der Ö&L) ein Auszug aus dem Interview und den kompletten Text zum Download.

Ökologie & Landbau 183

Sie sagen, wir bräuchten eine Ernährungswende und die beginne in der Stadt. Was heißt das konkret?
Es ist überdeutlich, dass unser Ernährungssystem in eine Sackgasse navigiert und Themen wie Biodiversität, Tierwohl, aber auch die menschliche Gesundheit oder der Klimawandel leider immer noch zu wenig berücksichtigt werden. Wenn man sich anguckt, was in Deutschland, aber auch weltweit, in Städten passiert, dann entsteht da eine Art neue Food-Bewegung, die in vielen kleinen Projekten versucht, diese großen Probleme zu lösen. Diese Bewegung hat eine sehr städtische Perspektive, die Kreativität ist sehr urban. Solche Projekte können so nur in einer Stadt entstehen. Diese Bewegung will aber nicht mehr nur Verbraucher sein, sie bewegt sich aus der Verbraucherrolle weg in andere Felder des Ernährungssystems und auch in Richtung Politik.

Meinen Sie mit der neuen Ernährungsbewegung Menschen, die selbst anfangen zu gärtnern?
Ich würde das nicht auf das urbane Gärtnern beschränken. Das ist zwar das Offensichtlichste und das, was in Deutschland am weitesten verbreitet ist. Die urbanen Gärtner fallen besonders auf, weil sie den öffentlichen Diskurs suchen. Aber es gibt in der Verarbeitung und im Handel auch ganz viele Projekte, in denen versucht wird, die Dinge anders zu machen. Es gibt genügend junge Unternehmen, die Neues entwickeln entwickeln, und auch im zivilgesellschaftlichen oder politischen Bereich entstehen Projekte, die sich um das Thema Ernährung aus der städtischen Perspektive kümmern. Das würde ich immer zusammen betrachten. Das hat zwar mit der urbanen Landwirtschaft angefangen, aber ich denke, es geht inzwischen weit darüber hinaus. […]

Die von Ihnen beschriebenen Aktionen kamen alle „von unten“. Sehen Sie auch Aufgaben der Kommunen, die eine städtische Lebensmittelversorgung unterstützen können?
Ich komme ja aus der Raumplanung und da denkt man immer beides zusammen. Städte gestalten auch heute schon unser Ernährungssystem, auch wenn dies nicht bewusst passiert. Ich registriere, dass das Thema Ernährung von den Kommunen noch zu wenig wahrgenommen wird, obwohl es eigentlich eine wesentliche kommunale Aufgabe sein sollte.
Zum einen findet Ernährung dort statt, wo viele Konsumenten sind – also eben größtenteils in der Stadt. Zum anderen wird auch in den Ballungsräumen verarbeitet. Eswird in den Kommunen zu wenig darüber nachgedacht, welche Art des Lebensmittelhandels und der Produktion man eigentlich fördern will. Über die städtische Raumplanung gestalten wir schon jetzt unsere Ernährungsversorgung – nur passiert dies leider noch viel zu selten bewusst. Es geht zunächst einmal darum zu gucken, welches Zielich eigentlich verfolge. Und dann werden die einzelnenkommunalen Politikbereiche betrachtet und nach Zusammenhängen mit Ernährung geschaut. Das sind dann die spannenden Schnittstellen, an denen die anderen Politikbereiche sehr chancenreich weiterentwickelt werden können, mit denen sich dann wiederum das Thema Ernährung gestalten lässt. […]

Veröffentlicht in Ökologie & Landbau, Heft 183 3/2017: Raumplaner – Verbündete für eine Ernährungswende. Interview: Minou Yussefi-Menzler. Download.

Photocredit: 1/1000 architectural models of Tokyo // Antony Tran, World Bank // CC BY-NC-ND 2.0