„Die neue Landlust zwischen Beton und Asphalt” ist der Untertitel des gerade erschienen Buches von Martin Rasper. Die Leser gehen darin mit dem Autor auf eine Reise durch Deutschlands aufblühende Landschaft der urbanen Gärten. Die Reise beginnt mit der Frage „Warum es plötzlich so viele neuartige Gärten gibt und warum wir sie brauchen” und den verunglückten Versuchen des Autors als Guerilla Gärtner. Sie führt aufschlussreich durch die scheinbaren Widersprüche zwischen Stadt- und Gartenlust, zwischen Gemüseanbau und politischem Handeln. „Auch auf die Gefahr hin, dass es etwas schräg klingt: Vielleicht haben sich die Gärten ja vorgenommen, die Welt zu retten. Wir sollten sie dabei unterstützen.”

Vom Gaertner In Der Stadt Martin Rasper
Das Buch: Vom Gaertner in der Stadt von Martin Rasper

In ihrer Geschichte haben Menschen und Städte schon immer mit Gärten gelebt – und diese dann neu erfunden, wenn es die Situation erfordert hat. So entstand Ende des 19. Jahrhunderts die Kleingartenbewegung, als Antwort auf Industrialisierung, Urbanisierung und die damit verbundenen Lebensumstände. Jetzt Anfang des 21. Jahrhunderts könnten wir als Reaktion auf Globalisierung und Metropolisierung vor einer neuen Gartenbewegung stehen. „Was ist also ein Garten? Ein Ort des Wachstums, der Begegnung, des Lernens. Ein Ort für Menschen, Pflanzen, Tiere. Eine Einladung, die Stadt – und die Gesellschaft; doch, so hoch darf man ruhig mal greifen – neu zu denken.” Martin Rasper verlässt auf seiner Suche die Metropolen und Prinzessinengärten. In der rheinland-pfälzischen Provinz hat das Städtchen Andernach einen neuen Ansatz gefunden, das öffentliche, städtische Grün zu nutzen. Die Stadt pflanzt Bohnen, Mangold, Kürbis und Zucchini. Sie rückt damit den Bürgern ihre Grünflächen in ein neues Bewusstsein. „Die Vielfalt der Themen, die die Andernacher in ihrem Projekt bearbeiten ist beeindruckend: die Produktivität der Stadt, Gemeingüter, Sortenvielfalt, regionale Versorgung, gärtnerische Kompetenz, soziale Kommunikation, Klimaschutz – es ist alles drin.”
Leser und Autor begegnen auf ihrer Reise den Landwirten, die von den Verbrauchern unterstützt (community supported), Lebensmittel für die Stadt produzieren und schließlich auch dem Saatgutzüchter. Sie lernen hier, dass gärtnern nicht nur durch einen anderen Umgang mit Stadt und den Mitmenschen politisch sein kann. Was das industrielle Ernährungssystem nicht schafft, fordert die Amateure: den Erhalt von Sortenvielfalt und alten, samenfesten Obst und Gemüse.

Woody Allen hat einmal auf die Frage geantwortet, ob er Sex für eine schmutzige Sache halte: „Wenn man es richtig macht, ja.” Analog könnte man die Frage beantworten, ob Gärtnern politisch ist. Oder genauer, an welchem Punkt es das wird: Wenn man es richtig macht, ist Gärtnern sehr politisch.

Wer sich wundert, wieso scheinbar ganz Deutschland anfängt zu gärtnern, wer seine eigene Gartenlust verstehen möchte oder Ideen für die Brachflächen in der Nachbarschaft sucht, der findet in „Vom Gärtnern in der Stadt“ den unterhaltsamen Ratgeber mit den passenden Antworten diesseits und jenseits des eigenen Gartenzauns.

Martin Rasper (2012): Vom Gärtnern in der Stadt: Die neue Landlust zwischen Beton und Asphalt. oekom, München. 19,95 Euro