Bürger versuchen über urbane Landwirtschaft und Co. wieder Einsicht in und Einfluss über ihre Ernährung und dessen Produktion zu gewinnen. Weltweit wollen Städte mit kommunaler Ernährungspolitik die Lebensmittelversorgung mitgestalten. In einem globalen Ernährungssystem, in dem die einzelne Stadt nur noch als austauschbarer Konsumraum dient, ergeben sich dabei zwei wesentliche Fragen: Welche Ziele verfolgen? Das ursprüngliche, historische Ziel kommunaler Ernährungspolitik, die Versorgung der Stadt sicherzustellen, kann wohl (in D, im Moment) als erledigt betrachtet werden. Mit wem zusammenarbeiten? Die klassischen Akteure des städtischen Ernährungssystems (Landwirte, Verarbeiter, Lebensmittelhandwerker, Lebensmittelhändler) agieren nicht mehr auf der lokalen Ebene. Es gibt für sie keine wirtschaftliche Notwendigkeit innerhalb einer Stadt zusammenzuarbeiten.

Wiederbelebung der lokalen Ebene

Kommunale Ernährungspolitik muss scheinbar im Vakuum agieren. Eine Reaktion auf dieses Dilemma ist der Versuch, das Ernährungssystem auf die regionale Ebene zu skalieren. Regionale Lebensmittel scheinen die Anwtwort. Es soll ein alternatives Ernährungssystem geschaffen werden, das von der lokalen Ebene abhängig ist. Die Konzentration auf Wiederbelebung von wirtschaftlichen Abhängigkeiten birgt jedoch die Gefahr, dass der lokale Einfluss klein bleibt. Die Bedeutung regionaler Lebensmittel für die Gesamtversorgung ist bei realistischer Einschätzung begrenzt. Zudem wird mit der Regionalisierung nur ein Teilbereich des Ernährungssystems angesprochen; soziale, gesundheitliche und ökologische Aspekte sind zweitrangig.

Urbanes Ernährungssystem - die Wohnhäuser "Bosco Verticale" in Mailand
Die Wohnhäuser „Bosco Verticale“ in Mailand

Die andere Reaktion ist, nicht (ausschließlich) die Lebensmittelerzeugung zurück in die Stadt zu holen, sondern die Ernährung zurück in die städtische Diskussion. Die Aufgabe ist die Interessen der verbliebenen städtischen Akteure zu bündeln, die städtischen Interessen und Anforderungen zu sammeln: Es soll ein neuer Level des Austausches und der Aktivität im Ernährungssystem geschaffen werden. So kann wieder ein lokales, gestaltendes Element im Ernährungssystem entstehen. Diese neue Ebene hat einen zivilgesellschaftlichen Fokus. Sie integriert regionale wirtschaftliche Tätigkeiten als eine Facette eines regionalen Ernährungssystems, ist aber holistisch auf das gesamte Ernährungssystem ausgerichtet. Diese Ernährungssystem ist nicht regional oder lokal – sondern urban.

Defintion urbanes Ernährungssystem

Ein urbanes Ernährungssystem ist eng mit dem Sozialleben, den ökologischen wie wirtschaftlichen Kreisläufen und der Kultur der Stadt verbunden. Seine Akteure kommen neben dem Handel und der Wirtschaft auch aus der Zivilgesellschaft. Die Beziehungen der Akteure untereinander und mit der Stadt gehen über Handelsbeziehungen hinaus: Ein urbanes Ernährungssystem steht in und beteiligt sich an städtischen Aushandlungsprozessen. Beziehungen und Warenströme haben regionale bis globale Ausprägungen, mit einer Präferenz des Regionalen.

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